Fragen zum Infraschall in Zusammenhang mit Windenergieanlagen werden häufig an uns herangetragen. Ob uns das Thema grundsätzlich bekannt ist und wie wir uns dazu positionieren, erläutern wir Ihnen gern an dieser Stelle.
Das Thema Infraschall ist für uns keine Neuheit, denn Infraschall kommt überall um uns herum vor und ist nicht per se gesundheitsschädlich. Es gibt zahlreiche Quellen von Infraschall, dazu gehören auch Windenergieanlagen.
Infraschall ist ein Thema, das vor allem Windkraftgegner und Leugner des Klimawandels gern heranziehen, um auf die angeblich gesundheitsschädlichen Auswirkungen von Windenergieanlagen aufmerksam zu machen. Lange Zeit gab eine Studie der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) aus dem Jahr 2004 ihnen eine gute Begründung für ihre Argumentation. Obwohl schon lange andere Studien gegen die Zahlen der BGR-Studie sprachen, gestand diese erst 2021 einen schwerwiegenden Rechenfehler ein. In der Studie wurden Schallwerte angegeben, die 36 dB zu hoch waren. Da die Dezibel-Skala logarithmisch ist, bedeuten 10 dB mehr eine Verzehnfachung des Schalldrucks und damit der wahrgenommenen Lautstärke. Verrechnet man sich um 36 dB bedeutet dies einen Fehler mit einem Faktor von mehreren Tausend. Die Ergebnisse dieser Untersuchungen sorgten in der Öffentlichkeit für Verunsicherung, obwohl zahlreiche andere Studien zu deutlich geringeren Ergebnissen kamen.
Die Studie des BGR war jedoch auch nicht auf den Zusammenhang von Infraschall von Windenergieanlagen und deren möglichen Effekt auf den Menschen ausgelegt und lässt demzufolge auch keine solchen Rückschlüsse zu: Ziel der Untersuchungen war die Feststellung möglicher Auswirkungen von Infraschall auf hochsensible Messstationen. Die Messergebnisse, die ja falsch angegeben waren, zeigten lediglich an, wie hoch die Infraschall-Emissionen von Windenergieanlagen sind. Im April 2021 entschuldigte sich der damalige Bundeswirtschaftsminister Peter Altmeier für die fehlerhafte Berechnung. Die Pressemitteilung der BGR können Sie hier nachlesen. Außerdem berichteten verschiedene Nachrichtenagenturen, wie zum Beispiel der Spiegel und die TAZ (Vgl. Bernward Janzing 22.04.2021 und BWE Mai 2021, S. 2)
Zu den gesundheitlichen Auswirkungen von Infraschall gibt es zahlreiche Studien. Besonders auch im Zusammenhang mit Windenergieanlagen werden immer wieder neue Untersuchungen angestellt. Eine 2020 veröffentlichte Experimentalstudie des Umweltbundesamtes (UBA) kam zu dem Ergebnis, dass Infraschallgeräusche, die an der Wahrnehmungsschwelle liegen oder diese unterschreiten, keine akuten körperlichen Reaktionen bewirken.
Zu diesem Ergebnis kam auch eine Studie von Ascone et al. aus dem Jahr 2021. Bei dieser wurden 38 Probanden untersucht. Die Hälfte der Teilnehmenden wurde mittels eines Infraschall-Geräts, das in ihrem Schlafzimmer aufgebaut war, über 28 Nächte hinweg beschallt. Bei der anderen Hälfte der Probanden stand eine Attrappe im Schlafzimmer. Die Teilnehmenden waren nicht darüber informiert, ob das Gerät in ihren Räumen tatsächlich Infraschall emittierte. Alle Probanden wurden vor und nach dem Versuch hinsichtlich körperlicher und psychologischer Symptome untersucht. Dabei wurde zum Beispiel auf Schlafqualität, kognitive Leistungsfähigkeit und Geräuschempfindlichkeit geachtet. Aus den Ergebnissen geht hervor, dass kein Zusammenhang zwischen den untersuchten Parametern und Infraschall, der unterhalb der Hör- und Wahrnehmungsschwelle liegt, beobachtet werden konnte. An der Hör- und Wahrnehmungsschwelle können, ebenso wie beim Hörschall, Belästigungen und Symptome auftreten. Ist der Schalldruckpegel bei Infraschall extrem hoch, ab ca. 140 dB, ist es möglich, dass Schädigungen auftreten. Das Auftreten solcher Schalldruckpegel ist äußerst selten. (Vgl. Bayerisches Landesamt für Umwelt, Juli 2022, S. 6)
Die folgende Grafik zeigt welche Schalldruckpegel durch verschiedene Quellen hervorgerufen werden. 140 dB entstehen zum Beispiel durch Flugzeuge.
In einer neueren Langzeitstudie des Technischen Forschungszentrum Finnland VTT (Maijala et al. 2020) wurden Probanden, die in der Nähe von Windenergieanlagen wohnen, hinsichtlich gesundheitlicher Aspekte (wie Herzfrequenz und psychischen Symptomen) sowie subjektiv empfundener Belästigungen und Beschwerden (Schlafstörungen, Kopfschmerzen, Tinnitus, Müdigkeit, Herzbeschwerden, …) untersucht. Im Ergebnis zeigte die Studie, dass keine Symptome oder Beschwerden auf den von Windenergieanlagen verursachten Infraschall zurückzuführen waren. Zu dem gleichen Ergebnis kam auch die großangelegte TremAc-Studie (Kudella et al. 2020). (Vgl. Bayerisches Landesamt für Umwelt, Juli 2022, S. 9)
Regelmäßig für Verunsicherung sorgt eine Veröffentlichung von Prof. Dr. Vahl, ehemaliger Direktor der Klinik für Herz-, Thorax- und Gefäßchirurgie der Mainzer Universitätsmedizin. In seiner Studie von 2021 hatte Dr. Vahl bei Herzoperationen entnommenes Muskelgewebe im Labor Infraschall mit einer Stärke von 100 dB, 110 dB und 120 dB ausgesetzt und kam zu dem Ergebnis, dass nach einer Stunde Beschallung die Stärke der Herzmuskelkontraktionen sank. Der Bundesverband WindEnergie hat sich eingehend mit der Studie sowie der Langzeitstudie des VTT und der Langzeitstudie des TremAc-Projektes beschäftigt und kam zu dem Schluss, dass beide Langzeitstudien eine höhere Aussagekraft haben. Grund dafür waren die ganzheitlichen Untersuchungen der Probanden sowie der konkrete Bezug auf Windenergieanlagen bei zweitgenannten Studien. Für die Untersuchungen von Prof. Dr. Vahl wurden Infraschallausstöße verwendet, die deutlich über den durchschnittlichen Schallemissionen einer Windenergieanlage liegen. (Vgl. BWE Mai 2021, S. 5)
Es gibt viele Infraschallquellen, denen der Mensch im Alltag ausgesetzt ist. Das Landesamt für Umwelt Baden-Württemberg veröffentlichte im Februar 2016 Ergebnisse ihres Messprojekts „Tieffrequente Geräusche inkl. Infraschall von Windkraftanlagen und anderen Quellen“ welches zwischen 2013 und 2015 stattfand. Darin untersucht wurden verschiedenste Emissionsquellen von tieffrequentem Schall.
In der folgenden Grafik wird ein direkter Vergleich der Schallemissionen im Innenraum eines Pkw und einer Windenergieanlage, sowie weiterer Infraschallquellen dargestellt. Im gleichen Bereich, in dem Infraschall von Windenergieanlagen gemessen wurde, können auch die Ergebnisse von Ölheizungen und einer Wiese bei Wind eingeordnet werden. Dabei sollte beachtet werden, dass die Messungen zu Windenergieanlagen im Abstand von 300 m ermittelt wurden. Der Abstand zu Wohnbebauungen ist aufgrund gesetzlicher Bestimmungen deutlich größer. In Sachsen beträgt der Mindestabstand laut Bauordnung für den Neubau von Anlagen aktuell 1.000 m.
Doch was genau ist Infraschall und besteht doch die Gefahr von gesundheitlichen Folgen?
Als Schall werden mechanische Schwingungen bezeichnet, die sich in Form von Schallwellen um den Entstehungsort ausbreiten. Je nach Frequenzbereich, also je nachdem wie oft eine Schallwelle auf die nächste folgt, werden verschiedene Spektren des Schalls unterschieden. Die Frequenz wird in Hertz (Hz) gemessen und gibt die Schwingungen pro Sekunde an: 1 Hz entspricht also eins pro Sekunde.
Als Infraschall wird der Bereich unter 20 Hz bezeichnet. Diese niedrigen Frequenzen sind für den Menschen akustisch nicht wahrnehmbar. Der Frequenzbereich zwischen 20 Hz und 20.000 Hz wird als Hörschall bezeichnet. In diesem Spektrum ist Schall für Menschen hörbar. Ultraschall umfasst den Bereich oberhalb von 20.000 Hz und ist ebenfalls für das menschliche Ohr nicht hörbar, da die Frequenz zu hoch ist.
Neben der Frequenz ist auch die "Lautstärke" ein wichtiger Faktor, ob Schall vom menschlichen Ohr wahrgenommen wird. Wie laut Schall ist, hängt von der Größe des Ausschwungs der Schallwellen ab, dem Schalldruckpegel. Dieser wird in Dezibel (dB) angegeben.
Die Kombination aus Frequenz und Schalldruckpegel entscheidet, ob Schall für Menschen wahrnehmbar ist, ob er hörbar oder fühlbar ist und wie stark die Sinneswahrnehmung ist. Konkret beim Thema Infraschall bedeutet dies: Infraschall ist aufgrund der geringen Frequenz nicht hörbar. Ist jedoch der Schalldruckpegel sehr hoch, so kann es sein, dass der Infraschall als Brummen, Vibration oder Druckgefühl durch andere Sinne bemerkbar ist. Je geringer die Frequenz ist, umso höher muss der Schalldruckpegel sein, um überhaupt solche Empfindungen zu bewirken. (Vgl. LUBW 03.11.2022)
Eigentlich können Hörschall und Infraschall nicht miteinander verglichen werden, da sie durch verschiedene Sinne wahrgenommen werden. Durch das folgende Beispiel vom LfU Bayern kann trotzdem ein ungefähres Gefühl vermittelt werden, welche Schalldruckpegel erreicht werden müssen, um Infraschall wahrnehmbar zu machen:
Infraschall breitet sich, genau wie jedes andere Spektrum von Schall, kugelförmig um den Entstehungsort in jede Richtung aus. Dadurch nimmt die Fläche, auf die sich der Schall (die Energie) verteilt, mit fortschreitender Entfernung kontinuierlich zu (die Fläche wächst quadratisch mit dem Abstand, vgl. Abbildung 3). Dadurch sinkt die Schallintensität, gemessen in Energie pro Fläche. Im hörbaren Bereich bedeutet dies: es wird leiser.
Infraschall kommt als Bereich des Schalls überall um uns herum vor. Tiere wie Blauwale und Elefanten nutzen Infraschall, um über große Distanzen zu kommunizieren. Wind und Stürme, Vulkanausbrüche, Meeresbrandung, Lawinen sind natürliche Quellen von Infraschall. Aber auch Wind, der durch Gras fährt, verursacht Infraschall. Zu künstlichen Infraschallquellen zählen zum Beispiel: Verkehrsmittel wie Pkw und Flugzeuge, Industrieanlagen, Kühlschränke, Waschmaschinen, Öl- und Gasheizungen sowie Klimaanlagen. Infraschall entsteht demnach auch an Windenergieanlagen. (Vgl. Bayerisches Landesamt für Umwelt, Juli 2022, S. 2-3)
Zusammenfassend ist zu sagen: Infraschall ist per se nicht gesundheitsschädigend. Er kann jedoch zu Belästigungen führen, wenn der Schallpegel die Wahrnehmbarkeitsschwelle des Menschen überschreitet. Bei Windenergieanlagen wird diese Schwelle bei Weitem nicht erreicht. Es gibt mittlerweile zahlreiche, sorgfältig erarbeitete wissenschaftliche Studien zum Thema Infraschall in Verbindung mit Windenergieanlagen. Darin konnten keine schädlichen Wirkungen auf den Menschen festgestellt werden.
Quellen (alle Links zuletzt abgerufen am 20.12.2022):
BWE (Mai 2021): Faktencheck: Windenergie und Infraschall
Bürgerforum Energieland Hessen (2015): Faktenpapier Infraschall
Fachagentur Windenergie: Schallimmissionen
LUBW (2016): Tieffrequente Geräusche inkl. Infraschall von Windkraftanlagen und anderen Quellen
Studien:
Maijala, Panu et al. (2020): Infrasound Does Not Explain Symptoms Related to Wind Turbines
Umweltbundesamt (2020): Lärmwirkungen von Infraschallimmissionen